Nasrallah & Philipp

Monster und Küken, Büffelmozzarella und Süß-Sauer Soße? Was auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun hat, gehört in der Realität manchmal doch zusammen!

So wie Philipp und Nasrallah. Die beiden haben sich 2019 im Küchencontainer von Kitchen on the Run kennengelernt. Philipp reiste mit dem Container und seinen drei Teamkollegen durch deutsche Kleinstädte. Letzter Stopp der Tour war Rendsburg, eine kleine Stadt am Nord-Ostsee-Kanal, in der Nasrallah und seine Familie seit einem Jahr eine neue Heimat gefunden haben. Beim Satellitenkongress von Über den Tellerrand treffen sich die beiden wieder. Im schönen Garten des Seminarhauses haben wir es uns gemütlich gemacht, die Stimmung ist locker und die letzten warmen Sonnenstrahlen des Jahres wärmen uns. Wärme spürt man auch zwischen den beiden Freunden, es wird viel gelacht und in gemeinsamen Erinnerungen geschwelgt.

Ein Gespräch über Glück, Dankbarkeit, Freundschaft und Familie. Und über die verbindende Kraft einer gemeinsamen Sprache, die nicht unbedingt aus Worten bestehen muss…

Wie habt Ihr Euch kennengelernt?
Nasrallah: Wir haben uns in Rendsburg kennengelernt. Als Kitchen on the Run in der Stadt war, haben wir uns am Container getroffen.
Philipp: Nasrallah war einer unserer Lokalhelden vor Ort, das heißt er war fast jeden Tag am Container und hat uns unterstützt.

Erinnert Ihr Euch an Eure erste Begegnung?
Philipp: Bestimmt haben wir irgendwas gequatscht, aber ich weiß nicht mehr genau worüber, um ehrlich zu sein.
Nasrallah: Aber am Abend, bei der Spülparty, da hat Philipp dauernd komische Bewegungen gemacht. 
Philip: Was für komische Bewegungen?
Nasrallah: Durchgedrehte.
Philip: Durchgedrehte?
Nasrallah: Ja. Alle lachen 

Und seitdem habt Ihr Euch dann öfter mal wieder unterhalten, oder zusammen verrückte Sachen gemacht?
Nasrallah: Ja, wenn Philipp diese verrückten Sachen macht, haben wir viel Spaß zusammen. Manchmal ist mein Deutsch nicht so gut, aber Philipp versteht mich trotzdem. Er liest von meinen Augen ab was ich meine. Alle lachen
Nasrallah: Manchmal reichen auch Bewegungen damit wir uns verstehen. Wir haben unsere eigene Sprache gefunden. Die besteht eigentlich nur aus verrückten Bewegungen und zwei arabischen Wörtern.
Philipp: Ja, das stimmt auf jeden Fall. Wir sagen eigentlich nur zwei Wörter: Wahesh und Katkout. Und damit verstehen wir uns.

Philipp, erinnerst Du Dich an Deinen ersten Eindruck von Nasrallah?
Philipp: Das weiß ich gar nicht mehr so genau. Unsere Verbindung hat sich langsam entwickelt würde ich sagen, und ist immer enger geworden. Vor allem gegen Ende der Containerzeit. Es hat sich langsam so eine Sympathie entwickelt. Wir haben nie ewige Gespräche geführt, aber man merkt einfach, wenn man sich mag und sympathisch findet, fertig. Wir sind wie zwei Brüder geworden.
Nasrallah: Es gibt einen arabischen Brauch, wenn Du mit jemandem Brot mit Salz isst, bedeutet das Bruder. Ja, Philipp ist für mich wie ein Bruder. 
Philipp: Genau, und anstatt Brot mit Salz hat er mir dann eine Zigarette mit „chemicals“ angeboten. Die ich dann abgelehnt habe. Alle lachen

Eine Zigarette mit Chemicals?
Philipp: So eine ganz normale Zigarette, halt mit Chemie. Ich rauche immer nur Tabak ohne Zusatzstoffe. Also habe ich sie nicht genommen. Folglich sind wir nur Halbbrüder. lacht

Aber Philipp hat Dir dann nicht die Freundschaft gekündigt?
Nasrallah: Er ist halt ein Dickkopf. Er mag keine normalen Zigaretten. Nur die, die er selber dreht.

Was schätzt ihr aneinander?
Nasrallah: Er hat schöne Augen.
Philipp: Hahaha, das ist witzig, das denke ich bei Dir auch. Du hast so schwarze Ränder unter den Augen. Das sieht ein bisschen so aus, als hättest du immer ganz viel geraucht und getrunken, so „haram“ Sachen eben. Hast du ja gar nicht, aber es sieht ein bisschen so aus, und das finde ich schön. lacht
Nasrallah: Über Philipp kann ich sagen: er ist ein guter Mann, ein guter Mensch. Wenn ich mich mit ihm unterhalte, versteht er mich, er hat Lust sich zu unterhalten. Mein Deutsch ist schlecht, aber wenn ich mit Philipp spreche ist das egal. Und wenn ich mal nicht weiter weiß sagt er „Wahesh“ und wir klopfen uns gegenseitig auf die Schulter. So ist das einfach.
Philipp: Ich empfinde das ähnlich. Ich habe das Gefühl wir können über alles reden, es ist egal ob es mir schlecht geht, oder ob es mir gut geht, ich kann mit Dir darüber reden. Zum Beispiel das eine Mal, als ich voll geweint habe am letzten Kochabend. Da warst du einfach da und hast mich in den Arm genommen. Das war so selbstverständlich für Dich. Wir wissen genau, wir haben unser Limit wegen der Sprache, wir können nicht über alles reden, und nicht so detailliert. Eines Tages können wir uns vielleicht richtig gut auf Arabisch oder Deutsch unterhalten, inshallah, aber wir haben trotzdem eine sehr enge Verbindung, auch ohne die Sprache. Das finde ich sehr schön und besonders. Es braucht nicht so viele Worte zwischen uns.
Nasrallah: Wir unterhalten uns über die Augen. lacht

 


Würdest Du sagen Nasrallah hat Dich in irgendeiner Weise beeinflusst?
Philipp: Nasrallah hat mir viele Geschichten erzählt, von seinem Leben in Syrien und was dort alles passiert ist. Er hat mir von seiner Narbe erzählt, ich war in dem Moment richtig geschockt. Ich sehe ihn aber immer total fröhlich. Nasrallah ist für viele Kleinigkeiten so dankbar, das beeindruckt mich sehr, denn mir fehlt das manchmal ein bisschen, diese Dankbarkeit und dieser positive Blick auf das Leben. Obwohl er so viel Schlimmes erlebt hat damals und auch der Start hier in Deutschland bestimmt nicht leicht war, wirkt er die ganze Zeit so zufrieden und freundlich, positiv und dankbar. 

Wenn Nasrallah ein Gericht oder ein Lebensmittel wäre, was wäre er dann?  
Philipp: Ich erkläre es dir. Also, wenn du etwas zu essen wärst, dann wärst du Büffelmozarella. Der Käse ist ein bisschen weich, genau wie Du hier ein bisschen weich bist (deutet auf das Herz). Aber Du bist auch so groß und stark wie ein Büffel. Groß und stark, aber zugleich weich und fluffig, so wie Büffelmozzarella. alle lachen

Und wenn Philipp ein Gericht oder ein Lebensmittel wäre?
Nasrallah: Du bist stark, Du bist Wahesh, und dein Herz ist süß.
Philipp: Vielleicht bin ich ja Süß-Sauer Soße. alle lachen

Was ist Euch besonders wichtig im Leben? Was macht Euch glücklich?
Philipp: Also Nasrallah ist seine Familie wichtig, das weiß ich.
Nasrallah: Und mir ist es wichtig schnell Deutsch zu lernen. Außerdem möchte ich einen großen Freundeskreis haben. Aber so jemanden wie Philipp trifft man nicht so oft. Was ist das Gegenteil von oft?  
Philipp: Selten.
Nasrallah: Philipp ist selten.
Philipp: Ich finde Du lebst einem viele Dinge vor, die glücklich machen. Wenn das Herz offen ist, dann kann man eigentlich nur glücklich sein. Es werden immer schlimme Dinge im Leben passieren, aber egal was es ist, es ist wichtig positiv zu bleiben und weiter offen durch die Welt zu gehen. So wie Nasrallah.

Mit welchen drei Wörtern würdet ihr eure Freundschaft beschreiben?Philipp: Wahesh, ist ein Wort was unsere Freundschaft beschreibt. Wir sind die beiden Wahesh.
Nasarallah: Wahesh und Katkout.
Philipp: Wahesh ist arabisch und bedeutet Monster oder starker Kerl. Das passt sehr gut zu uns (lacht).
Nasrallah: Katkout heißt Küken, also das Kleine vom Hühnchen.
Philipp: Das bedeutet „Du kleiner Süßer“. Wir können aber auch noch andere Wörter finden. Ich würde sagen unsere Freundschaft ist bedingungslos. Wir haben keine Erwartungen an einander, wir erwarten zum Beispiel nicht, dass wir uns immer perfekt verstehen oder genau wissen was im Kopf des anderen vor sich geht.

Habt ihr noch einen Wunsch für einander?
Nasrallah: Bleib immer so wie Du bist, und hör nicht auf zu lachen.  
Philipp: Ich wünsch mir für Dich, dass Du Deinen eigenen Weg findest, dass Du merkst wo es für Dich hingehen soll und was Du machen willst. Und, dass Du den dann selbstständig gehst, ohne den engen Kontakt zu Deiner Familie zu verlieren. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Du gerade mit Deiner Familie in einem Prozess der, wie sagt man, Abnabelung, bist. Aber das ist normal und gut, Deine Familie ist immer für Dich da und Du kannst trotzdem Deinen eigenen Weg gehen.
Nasrallah: Und ich wünsche mir, dass wir uns immer wieder treffen.
Philipp: Das wünsche ich mir auch.

Und was macht Ihr als erstes, wenn Ihr euch das nächste Mal trefft?Philipp: Kappeln, Kämpfen, uns in den Arm nehmen. Und wieder mit den Augen kommunizieren. Bis dahin musst Du aber ein bisschen trainieren (deutet auf Nasrallahs Bauch).
Nasrallah: Kommst Du mich in meiner neuen Wohnung in Rendsburg besuchen? Meine Wohnung ist groß genug.
Philipp: Oh ja, wir kommen. Dann machen wir uns einen gemütlichen Abend mit der neuen Über den Tellerrand Community aus Rendsburg, und danach können wir noch ein Bier zusammen trinken.
Philipp: Wir könnten auch alle zu Dir einladen?!
Nasrallah: Ja natürlich. 50 Leute in meiner Wohnung, das passt.

 

 

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