Ramadan im Kitchen on the Run Container
Ein Bericht über eine besinnliche Zeit im Container
Den Fastenmonat Ramadan.
An zwei unserer Standorte verbrachten wir eine ganz besondere Zeit: Den muslimischen Fastenmonat Ramadan. Vier Wochen, in denen gläubige Muslime nur zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang trinken und essen, in denen man sich auf Familie und Freunde besinnt, auf sein Wort und seine Gedanken achtet, seinen Mitmenschen hilft, Essen mit Familie, Freunden und Fremden teilt, dankbar ist und aufmerksamer wird für das, was um einen herum geschieht.
In dieser Zeit brechen wir Abend für Abend im Container das Fasten. Schon beim Einkauf gehen meist die doppelte Menge an Fleisch und Gemüse über die Theke, die Rezepte sind aufwendiger. Das Interesse an einem Ramadan-Abend teilzunehmen ist auch bei Nicht-Fastenden groß und beim gemeinsamen Kibbeh Formen und Teigtaschen Füllen vergeht die Wartezeit auf das späte Essen schnell. Wenn dann die Sonne untergeht, sitzen alle erwartungsvoll um die reich gedeckte Tafel. Oft wird ein Gebet gesprochen – manch einer spricht laut für alle, ein anderer flüstert leise vor sich hin. Die junge Generation nutzt oft Apps, die sekundengenau zum Fastenbrechen Gebetsgesang spielen. Traditionell wird das Fasten mit einer ungeraden Zahl an Datteln gebrochen, die den Zuckerhaushalt der Fastenden wieder ins Gleichgewicht bringen. In der afrikanischen Community gibt es häufig Fruchtsaft, in Biberach macht Samer für alle Ayran. In großer Runde mit über 30 Frauen, Männern, Kindern und Großeltern, Nachbarn und Freunden das Fasten zu brechen, ist auch für uns immer wieder etwas ganz Besonderes.
Am Ende der Fastenzeit steht das Zuckerfest. Drei Tage lang wird ausgelassen gefeiert, Freunde und Verwandte werden besucht, die Kinder mit Süßigkeiten beschenkt und natürlich: gegessen, gegessen, gegessen. Wir laden alle ein, gemeinsam in und um den Container zu feiern und sowohl in Lörrach als auch in Biberach verwandelt sich ein leerer Platz in ein ausgelassenes Fest. Menschen bringen Töpfe mit dampfenden Gerichten, in Lörrach machen Saman und seine Musiker aus Syrien gemeinsam mit Rapper Moses aus Sierra Leone Fusionmusik vom Feinsten und in Biberach wird schon bald das Mikrofon herumgereicht und ein Gast nach dem anderen spontan zu seinem Lieblingslied begleitet. Wie schön zu sehen, dass es oft genügt, eine Einladung auszusprechen, das Fest aber bringen die Gäste selber mit. Schon bald ist keine Gabel mehr sauber, kein Teller mehr an seinem Platz und rund um den Container wird auf Decken, Bänken und Liegestühlen gegessen und gelacht. Beide Male verlieren wir spätestens beim gemeinsamen Dabke-Tanz im großen Kreis den Überblick darüber, wie viele Menschen hier gerade ein spontanes Stadtfest feiern. Viele kennen wir bereits von Kochabenden, andere sind mit Freunden oder Verwandten gekommen. Afghanistan, Schweiz, Gambia, Syrien, Deutschland, Iran, Sierra Leone, Frankreich, Indien: Menschen aus den verschiedensten Ländern feiern da gerade gemeinsam – manche hören das Wort Zuckerfest zum ersten Mal, für andere ist es eines der wichtigsten Feste im ganzen Jahr. Für die einmalige Stimmung sorgen sie alle.
Zum Ende des Ramadan haben auch wir gelernt: Es geht beim Fasten um mehr als um den Verzicht auf Essen und Trinken. Es geht um den Ausdruck des Glaubens, es geht darum Verantwortung zu tragen, Verantwortung für die Gesellschaft. Natürlich gilt das nicht nur in den Zeiten des Ramadans. Doch der Ramadan ist die Zeit, in der man es in der Seele spürt.
Illustration: Anne Peppersack
#wirGlaubenanskennenlernen