Christin & Farouq

Leben und Leben lassen. 
Über zwei Frohnaturen, und einer Liebe zu Köln

Farouq ist Koch und Kommunikationstalent, engagiert sich hier und da und überall. Auch bei Über den Tellerrand. In Köln. Hier lebt auch Christin. Ebenfalls seit 3 Jahren. In Köln fühlen sich beide wohl und schaffen es mit ihrer offenen Art nicht nur an den Küchentischen von Über den Tellerrand Menschen zu verbinden. Sondern zum Beispiel auch auf der Tanzfläche.

Warum sie das Leben tanzen, anstatt es einfach nur vorbei streichen zu lassen? Was ‘Levve und Levve losse’ bedeutet und was bergische Apefelpfannekuchen damit zu tun haben? Wir haben nachgefragt und feuchtfröhliche Augen bekommen. Eine schöne Freundschaftsgeschichte zwischen Schneidebrettchen, Tanzfläche, Kabul und dem Kölner Dom.

Was war Euer gegenseitiger Eindruck, als ihr Euch kennengelernt habt?
Christin: Ich weiß noch, es hieß immer ‘Farouq hier, Farouq da, Farouq macht alles’ – ich hatte aber lange Zeit gar kein Gesicht vor mit. Wie ein Phantom (lacht)
Farouq: Bei dieser einen Veranstaltung bist Du mit einer Liste rumgegangen und hast gesagt: ‘Du bist ja das erste Mal bei uns, Du musst hier Deinen Namen eintragen’. Ich dachte: ‘Jetzt bin ich seit 3 Jahren dabei und die will, dass ich mich in die Liste als Gast eintrage“ (beide lachen). Dann hast Du gefragt ‘Wer bist Du?’, und als ich meinen Namen gesagt habe, hast Du mich gleich umarmt.

Ihr wohnt beide in Köln – wie lebt es sich denn dort?  
Farouq: Ich habe mehr als 30 Städte gesehen in Deutschland. Wenn ich mir aussuchen dürfte, würde mir immer Köln oder Dortmund wählen. Wenn ich an Köln denke, dann denke ich an den Kölner Dom und die Menschen, die so unglaublich offen sind.
Christin: Stimmt! In Köln passiert es Dir so oft, dass Du in der Straßenbahn mit irgendjemandem über Dein Leben sprichst. Wir haben letztens den Begriff Heimat diskutiert. In Köln macht man keinen Unterschied zwischen Urkölner oder Zugezogener. Man sagt einfach ‘Ihr gehört jetzt genauso zu uns dazu…außer man ist aus Düsseldorf (lacht). Wenn es ein Gesetz gäbe, das ich unterschreiben würde, dann wäre es Levve un levve losse! Das ist kölsch und bedeutet, dass jeder so ist, wie er ist, auch so sein darf, und sein Leben leben darf, wie er es möchte.

Und in Köln lebst Du in einer Gastfamilie?
Farouq: Das ist ein bisschen lustig. Ich bin alleine vor vier Jahren nach Deutschland gekommen. Ich war in einem Chor, da habe ich eine ältere Frau kennengelernt. Wir haben uns ein paar Mal auf einen Kaffee getroffen, und dann habe ich gefragt „Darf ich Dich als Mama aussuchen?“ und sie sagte „na klar“. So habe ich auch einen Vater gefunden. In einer Fahrradwerkstatt in der ich ehrenamtlich arbeite.  
Christin: Hast Du die jetzt verkuppelt ? (alle lachen)


Was schätzt Ihr aneinander?
Farouq: Ich mag Christins lockere Art. Sie ist eine sehr gute Gesprächspartnerin. Ich kann mit ihr über alles reden.
Christin: Seine offene und herzliche Art auf Menschen zuzugehen. Er schafft es Menschen zu verbinden. Und man kann sich immer auf ihn verlassen. Farouq ist immer am Start und oft unsere Rettung. Das schätze ich total an ihm. Wir schaffen es auf so eine lockere Art Menschen zu verbinden.

Wenn Ihr den jeweils anderen als ein Gericht beschreiben müsstet, was wäre es ?
Farouq: Christin wäre bergische Apfelpfannkuchen (alle lachen)
Christin: Ich denke an die flambierten Aprikosen in Rum, die Du bei Deiner Abschlussprüfung kochen musstest. Das Gericht steht irgendwie symbolisch dafür, wie stolz Du warst, als Du uns erzählt hast, dass die Prüfung super lief. 

Was wünschst Ihr Euch für die Zukunft?
Farouq: Ich wünsche mir Gesundheit für alle und, dass ich in Deutschland bleiben darf. Ich habe mir ein Leben aufgebaut, von Null angefangen. Ich habe Deutsch gelernt, habe meine Ausbildung gemacht, bin in vielen Vereinen aktiv. Ich habe quasi mit meinem Leben gespielt. Du kommst mit einem Schlepper, den Du noch nie gesehen hast nach Deutschland und weißt nicht: wirft der Dich ins Wasser? Ich habe früher teilweise für ein paar Tage bei Freunden gewohnt, weil ich Angst hatte, dass sie mich in der Nacht abholen. Aber jetzt darf ich bleiben.
Christin: Du hast einfach auch so viele Leute in ganz Deutschland, die für Dich kämpfen würden.

Habt Ihr ein Lebensmotto? 
Farouq: Menschlichkeit. Ohne Menschlichkeit kann ich nicht leben. Menschlichkeit ist für mich Religion, Kultur das ist für mich alles. Für mich ist egal welche Hautfarbe, Religion, welche Nationalität Du hast, woher Du kommst, ob Du Mann oder Frau bist. Das ist für mich alles egal, Menschlichkeit ist für mich wichtig.
Christin: Ich glaube: Liebe ist alles… ohne Liebe ist das ein ziemlich grauer Planet.

Und Ihr sagt, das Leben muss man tanzen? Was ist die Geschichte dahinter?
Christin: Wir waren auf einem Sommerfest, danach waren wir noch in einem Club. Farouq saß am Tisch, war total schüchtern, was man überhaupt nicht kennt von ihm. Ich dachte mir ‘was ist denn da los?’, ziehe ihn auf die Tanzfläche und sage ‘so wir tanzen jetzt erstmal.’
Farouq: Ja, ich habe gemerkt, ich kann das. Dann hab ich auch zu Hause mit lauter Musik vor dem Spiegel getanzt (alle lachen). Damals war ich beim Tanzen richtig schüchtern, und eine Null. In Afghanistan gibt keine Clubs und Du kannst auch nicht mit fremden Leuten oder Mann und Frau zusammen tanzen. Wobei einmal habe ich es geschafft – bei der Hochzeit meines Bruders. Ich habe meine Eltern von einer gemischten Hochzeit – Männer und Frauen zusammen – überzeugt. Zuerst haben alle wild mit den Händen gestikuliert: ‘Nein, das geht nicht’. Ich habe Ihnen viel von Deutschland erzählt und sie überzeugt, warum doch alle zusammen feiern sollten. Irgendwann sagte meine Familie: ‘Eigentlich hast Du recht’. Jetzt wissen in Kabul alle, wer wir sind – die Familie die eine gemischte Hochzeit feiert. 
Christin: Und das sind die Geschichten, die Farouq ausmachen

 

 

 

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